Sorgfalt: Ein altmodisches Wort?
Dennoch habe ich es an meine Wand gepinnt, um immer daran erinnert zu
werden, eine gewisse Nachlässigkeit, die sich im Lauf der Zeit in mein Leben
geschlichen hat, zu reduzieren.
Das Bewusstsein, es mit ein wenig mehr Sorgfalt angehen zu lassen, hat sich
tatsächlich durch das Führen des Bullet Journal weiterentwickelt und noch
verstärkt. Seit einem dreiviertel Jahr trage ich Dinge in mein Leuchtturm-Buch
ein. Und ich muss sagen, von Monat zu Monat wird es strukturierter, schöner und
nützlicher. Ich mag es nicht mehr missen und nicht mehr aus der Hand legen. Welch
ein Glück, dass ich auf Lea und Theresa, ihren Punktkariert-Blog und die
Punktkariert-Akademie gestoßen bin!
Das Zettelchaos in den Griff kriegen
Auf die Idee des Bullet Journaling hat mich die Begegnung mit einer
besonderen Frau während einer besonderen Reise im Spätsommer 2017 gebracht.
Lange habe ich nach einem System gesucht, das sowohl Zettelwirtschaft wie X verschiedene
Themenheftchen ersetzt und quasi ein Kompendium der Dinge ist, die mir wichtig
sind. Angefangen vom Terminkalender über seltenere Planungsanlässe und
Kreativ-Kapitel bis zur To Do Liste.
Den Tag entschleunigen
Das BJ hilft mir zwischenzeitlich, den Tag durch Strukturierung zu
entschleunigen. Das analoge Schreiben hat eine fast meditative Wirkung auf
mich, die Gedanken lassen sich bereits beim Schreiben ordnen. Dies genieße ich
sehr, und es motiviert mich, auch wieder sorgfältiger mit den Dingen umzugehen,
die mich umgeben und ihnen mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Kürzlich habe
ich beispielsweise an einer Tagung teilgenommen. Meine Notizen habe ich ganz
unbewusst sorgfältig in mein Notizbuch eingetragen. Am Ende war alles
leserlich, ich musste meine Aufschriebe nicht nochmals ins Reine schreiben und
habe die gesparte Zeit für Erfreulicheres verwendet. Sich Zeit nehmen, kann
auch Zeit sparen.
Bereits in jungen Jahren habe ich Kurse zum Thema Kalligrafie besucht. Im
Lauf der Zeit hat sich die Fertigkeit des Schönschreibens durch Stress und
Hektik im Job verabschiedet. Nicht, dass die Sorgfalt im Großen und Ganzen
gelitten hätte: Eher im Kleinen, bei mir selbst, im Privaten, bei Dingen, die
mir normalerweise wichtig sind. Das beginnt beim Eincremen nach der Dusche, der
Zubereitung einer Mahlzeit, dem Selbstwert, der Wertschätzung von
Freundschaften, Pflege von Arbeitsmaterial mit dem man täglich umgeht und
anderen Dingen. Der Begriff „Sorgfalt“ wird auch als Synonym für Achtsamkeit
verwendet. Eine Lebenseinstellung, die in aller Munde ist und die es sich
lohnt, bewusst zu praktizieren.
In meinem BJ hält die Sorgfalt Einzug beim Thema Geburtstage und Geschenke
- endlich habe ich eine Liste, in die ich eintragen kann, womit ich meine
Lieben eventuell beglücken könnte. Das Gute daran: Ich weiß im nächsten Jahr
noch, was ich verschenkt habe, und besorge nicht zweimal dasselbe Präsent. Bei
Büchern könnte mir das durchaus passieren. Dies oder das muss Die- oder Derjenige
unbedingt bekommen - es würde so gut passen! Nur es fällt mir beim besten
Willen nicht mehr ein, ob ich das bereits im letzten Jahr schon verschenkt
habe. Jetzt hat die Geschenkeliste ein Jahresdatum, und ich kann das Thema
künftig entspannter angehen.
Nützlich ist auch meine Shopping-Liste. Immer wieder fällt mir etwas ein,
was im Haushalt, zur Schreibtischarbeit oder zum Kreativsein fehlt. Weg mit dem
Schmierzettel und fix eintragen ins Buch! Schon allein beim Schreiben überlege
ich mir dann, ob ich den Gegenstand überhaupt dringend brauche oder er sich
durch etwas bereits Vorhandenes ersetzen lässt.
Ausmisten trotz Bücherliebe
Das wirkt sich letztendlich auch auf die KonMari Checkliste aus, die ich
nicht missen möchte. Auch diese habe ich mit einem Jahresdatum versehen - vielleicht schaffe ich
es ja tatsächlich, einen Rhythmus in die Aufräum- und Aussortier-Arbeiten
reinzubringen. Meine Bücher muss ich vermutlich nicht jedes Jahr neu sichten -
obwohl mir das wohl am meisten Spaß machen würde. Hier ein Blick in ein Kunstbuch,
dort einen Bildband durchgeblättert, den man lange nicht in der Hand hatte, in einen
Lieblingsroman oder das Gedichtbändchen hineingeschmökert. Leider macht mich
fast jedes Buch glücklich, das ich besitze. E-Books sind da kein Ersatz. Obwohl
ich aktuelle Krimis, die ich vermutlich kein zweites Mal lese, schon auch mal
auf meinen Reader lade, um die Regale nicht komplett zu verstopfen. Aber ich
gebe zu: Ich liebe auch Geschichten, die mit Kochen, Essen und dem Einrichten
eines kleinen Ladens oder Cafés zu tun haben (man darf ja träumen…). Wenn dann
noch Rezepte drinstehen und die Bücher schön gestaltet sind, um so besser. Auch
Wohnbücher haben es mir angetan. Da bin ich schon versucht, den X-ten schönen Lifestyleratgeber
von hippen Bloggern zu kaufen - kein Besuch in der Bücherei und erst recht kein
E-Book können da mithalten. Die Fotos sind einfach zu schön, um sie nicht immer
wieder anzusehen.
Und schon sind wir bei der Reading Challenge - eine super Idee. So kann ich
gezielt Lesestoff nach bestimmten Kriterien aussuchen, und ich erweitere dabei
meinen Horizont. Gestern war ich übrigens wieder in der Buchhandlung meines
Vertrauens.
Natürlich gibt es noch einige weitere Themen, die mein Bullet Journal
abdeckt: Travel, Food, Kunst und Medien zum Beispiel. In der Denkphase befindet
sich das Kapitel „Kreativ“, in das ich meine geplanten Strick- und Malprojekte
eintragen will. Vielleicht haben ja Lea & Theresa einen guten Tipp?
Kreativität nicht vergessen!
Bei aller Sorgfalt sollte aber auch noch genügend Spielraum für
Spontaneität und Kreativität sein - auch wenn sich das laut geschriebenem Wort
widerspricht. Im Frühling einem Bund bunter Tulpen zu widerstehen, obwohl er
nicht auf der Einkaufsliste steht, wäre wirklich blöd - vielleicht findet ja
sogar eine kleine Zeichnung davon Einzug ins BJ. Oder etwas einzutragen, was
man hinterher doof findet - einen schönen Sticker aufkleben hilft! In diesem
Sinne: Pedantisch war gestern, zu nachlässig sein aber auch.
Von Henry Ford - erfolgreicher US-Großindustrieller und Autobauer
vergangener Zeiten - mag man halten, was man will. Sein überliefertes Zitat „Der
größte Feind der Qualität ist die Eile“ stimmt auch heute noch. In diesem
Sinne: Ran an das Bullet Journal mit einer Prise Sorgfalt, Gelassenheit, Zeit
und viel Spaß an der Freude.
Text und Bilder: Brigitte Kehl
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